
Ein neuer Versuch: EAT-Lancet 2.0
Mit großem medialem Echo präsentierte die EAT-Lancet-Kommission kürzlich ihre zweite Auflage einer „planetary health diet“. Ziel ist es, den weltweiten Fleischkonsum drastisch zu senken und pflanzenbasierte Lebensmittel in den Vordergrund zu stellen
Doch schon die erste Version von 2019 war umstritten – nicht nur wegen ihrer kulturfernen Empfehlungen, sondern auch, weil sie die Rolle tierischer Produkte pauschal negativ darstellte. Auch jetzt werfen Kritiker der Kommission vor, wissenschaftliche Daten selektiv zu interpretieren.
Fleisch in den Zahlen der EAT-Lancet-Kommission
Die Empfehlungen der Kommission basieren stark auf Modellrechnungen zur Krankheitslast. Diese stützen sich vor allem auf Beobachtungsstudien, die Zusammenhänge zwischen Fleischkonsum und Krankheitsrisiken nahelegen. Doch die Auswertung bleibt oberflächlich: Risiken werden hochgerechnet, während zentrale Unterschiede – etwa zwischen frischem, magerem Fleisch und stark verarbeiteten Produkten – kaum berücksichtigt werden.
So gilt in der EAT-Lancet-Logik bereits ein Konsum von mehr als 50 Gramm verarbeitetem Fleisch pro Tag als „gesundheitlich riskant“. In absoluten Zahlen bedeutet das laut britischen Ernährungsdaten jedoch lediglich ein zusätzlicher Fall von Darmkrebs pro 200 Erwachsene über die Lebensspanne. Im Vergleich: Rauchen erhöht das Krebsrisiko um mehr als 5000 Prozent.
Die andere Seite: Was Fleisch wirklich leistet
Wissenschaftliche Reviews und nationale Ernährungsberichte zeigen ein deutlich differenzierteres Bild. Rot- und Schweinefleisch liefert eine Vielzahl essenzieller Nährstoffe: Eisen, Zink, Vitamin B12, Vitamin D und hochwertiges Protein. Besonders Häm-Eisen aus Fleisch ist für Frauen im gebärfähigen Alter und Kinder wichtig, da es im Vergleich zu pflanzlichem Eisen deutlich besser aufgenommen wird.
Eine Auswertung aus Großbritannien zeigt, dass nur 5 Prozent der Frauen tatsächlich „zu viel“ Fleisch essen, während viele Bevölkerungsgruppen eher zu wenig Vitamin D, Eisen oder Zink aufnehmen. Fleisch trägt hier entscheidend zur Grundversorgung bei. Ein pauschales Reduktionsziel würde die Versorgungslücken weiter verschärfen.
Kein Zuwachs an Veganismus trotz Debatte
Interessant ist auch, dass trotz medialer Aufmerksamkeit für die EAT-Lancet-Empfehlungen die Zahl der Vegetarier:innen und Veganer:innen in Europa nicht nennenswert gestiegen ist. In Großbritannien lag der Anteil zuletzt bei lediglich 2 Prozent Veganern und 5 Prozent Vegetariern. Die überwältigende Mehrheit der Konsument:innen bleibt Fleischesser.
Zwischen Risiko und Realität
Die oft zitierten Krebsrisiken durch Fleischkonsum basieren fast ausschließlich auf Beobachtungsstudien – also auf statistischen Zusammenhängen, nicht auf klar belegten Ursache-Wirkung-Beziehungen. Interventionsstudien zeigen dagegen: Moderate Mengen mageren roten Fleisches haben keine nachteiligen Effekte auf Entzündungsmarker, Herz-Kreislauf-Risiken oder kognitive Leistungen. Teilweise wurden sogar positive Effekte dokumentiert.
Bedeutung für die Fleischbranche
Für das Fleischerhandwerk in Österreich hat die Debatte mehrere Ebenen. Einerseits prägt die EAT-Lancet-Agenda das politische Klima und könnte langfristig Einfluss auf öffentliche Beschaffung, Förderungen und Konsumtrends nehmen. Andererseits zeigt die wissenschaftliche Datenlage klar: Fleisch ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung, wenn es in moderaten Mengen verzehrt wird.
Gerade handwerklich erzeugte Fleisch- und Wurstwaren aus regionaler Produktion bieten Qualität, Sicherheit und Transparenz – Aspekte, die in internationalen Modellrechnungen kaum berücksichtigt werden.
Autor: Tanja Braune